Bereits im Juli 2017 erging seitens des BGH eine interessante Entscheidung, die einen Fall betraf, in dem der Versicherer wegen angeblich arglistig falscher Angaben des Versicherungsnehmers (VN) die Anfechtung des Versicherungsvertrags erklärt hatte. Wenngleich es im zu entscheidenden Fall konkret um eine Berufsunfähigkeitsversicherung ging, ist die Entscheidung auch auf andere Versicherungszweige anwendbar.

Der zugrundeliegende Vertragsschluss kam über einen Versicherungsagenten des Versicherers zustande, nicht über einen Makler, was rechtlich den Unterschied macht, dass ein Makler so gut wie stets als im Lager des VN stehend anzusehen ist, wohingegen der Versicherungsagent bzw. Versicherungsvertreter im Lager des Versicherers steht. Letzteres führt dazu, dass all das, was der VN dem Versicherungsagenten gesagt hat, als dem Versicherer selbst mitgeteilt gilt. Der Versicherer kann sich daher nicht darauf berufen, der VN habe ihm gegenüber falsche Angaben gemacht, wenn dieser den Agenten korrekt informiert hat, denn dieser ist „Auge und Ohr“ des Versicherers. Dies stellte der BGH in seiner Entscheidung noch einmal klar.

Im zugrundeliegenden Fall hatte sich der Versicherer für seine Arglistanfechtung darauf berufen, die im Antragsformular auf Abschluss der Versicherung enthaltenen Angaben seien falsch gewesen. Dagegen war seitens des VN jedoch eingewandt worden, er habe das Antragsformular nicht selbst ausgefüllt, sondern der Agent des Versicherers, was zutraf, und er habe diesem gegenüber zudem durchaus korrekte Angaben gemacht.

Der BGH wies in seiner Entscheidung, mit der er das Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwies, darauf hin, der Versicherer könne den Nachweis der falschen Beantwortung von Gesundheitsfragen nicht allein mit dem Inhalt des ausgefüllten Antragsformulars führen, wenn der VN substantiiert behauptet, er habe den Agenten des Versicherers korrekt informiert. Substantiierung bedeutet insoweit, dass die einfache Behauptung, den Agenten korrekt informiert zu haben, nicht ausreicht, sondern der VN muss darüber hinaus auch Einzelheiten vortragen, aus denen sich die korrekte Information des Versicherers seiner Ansicht nach ergibt.

Fazit:

  1. Der Abschluss eines Versicherungsvertrages über einen Agenten des Versicherers kann im Vergleich zum Abschluss über einen Makler Vorteile haben, da all das, was dem Agenten gesagt wird, als dem Versicherer selbst mitgeteilt gilt.
  2. Allein damit, dass die Gesundheitsfragen im Antragsformular falsch beantwortet wurden, kann der Versicherer eine Arglist des VN nicht beweisen, wenn dieser substantiiert vorträgt, er habe den Agenten des Versicherers korrekt informiert.
  3. Der Beweis der korrekten Information des Agenten sollte vom VN dabei idealerweise über einen Zeugen geführt werden können, der beim Vertragsschluss mit anwesend war, oder über schriftliche Belege. Im vom BGH entschiedenen Fall räumte der Agent selbst in seiner Vernehmung ein, die Angaben des VN über Rückenbeschwerden und Arztbesuche nicht in das Antragsformular aufgenommen zu haben. Die bemerkenswerte Begründung dafür war, dass er nichts mehr versichern würde, wenn er dies in jedem Fall mache.